Samstag, 10. April 2010

Wird das Wunder war?

Stefan Martini
Mission 3, Moonbuggy 2010
www.spaceeducation.de

Huntsville, 9. April 2010

Fotos: http://www.flickr.com/photos/spaceeducation/collections/72157620442564423/
Videos: http://www.youtube.com/profile?user=SpaceEducation#g/c/D43CCA12213F30AC

Es ist fünf Uhr als Steffi mich versucht sanft zu wecken. Es war eine kurze Nacht aber trotzdem bin ich recht ausgeschlafen. Nach einem guten Frühstück geht es direkt zum Space und Rocket Center. Dort angekommen fahren wir den Buggy direkt zum Schweißgerät um endlich unsere Lenkung zu fixieren. Mit einem Mix aus metrischen und englischen Werkzeugen basteln wir uns eine Notlösung die das Rennen über halten soll. Dann geht es zurück zum Stand. Nun haben wir noch etwa 15 Minuten um uns aufzuwärmen 10 weniger als geplant. Also stellt Max das Programm um und wärmt uns mit einigen Trippelübungen auf. Dann geht es auf das Buggy, wir bekommen unseren Energy Drink und sollen uns auf das Rennen einstellen.

Noch vielleicht 5 Minuten bis zum Start. Ich bin erstaunlicher Weise kaum aufgeregt. Trotzdem geht Max mit mir noch mal den Kurs mental durch und versucht mich auf das Rennen optimal vorzubereiten. Ich bin froh einen Profi wie ihn in unserm Team zu haben. Hinter mir kann Steffi kaum ruhig auf dem Buggy sitzen. Sie spricht mit allen möglichen Leuten die gerade vorbei kommen und steht immer wieder vom Buggy auf. Das ist wahrscheinlich ihre Art sich von der Aufregung abzulenken.

Jetzt kommt Team Nummer 5 an uns vorbeigefahren. Da wir direkt neben dem Tor zur Startlinie stehen, bedeutet, dass wenn Nummer 5 an uns vorbeifährt, wir auch gleich hinterher fahren werden. Dann kommt auch schon jemand vom offiziellen Nasa Team und fragt uns ob wir bereit sind. Wir stimmen zu und fahren gleich zu dem Punkt an dem geprüft wird, ob man alle Regeln eingehalten hat. Außerdem wird das Buggy dort zusammengeklappt, gewogen und auch über eine kurze Strecke getragen.

Dann geht es zur ersten Zeitmessung. Wir müssen das Buggy so schnell wie möglich in fahrbereiten Zustand bringen und festgeschnallt darauf sitzen. Wenn man sich das Video ansieht, dann bin ich selbst überrascht, dass wir es so schnell geschafft haben. Bei all unseren Trainingsversuchen hatten wir bei unseren besten Versuchen etwa acht Sekunden gebraucht. Jetzt aber treibt uns das Adrenalin. Unsere vom Schiedsrichter gemessene Zeit beträgt sagenhafte 6 Sekunden. Das ist fabelhaft.

Gestärkt durch diese Leistung geht es an die Startlinie. Für mich geht es fast zu schnell. Ich kann mich kaum mental auf den Kurs einstellen, zum Glück hab ich das schon vor dem Rennen getan. Nach einem kurzen Interview ist es dann so weit. Ready, set, go!

Wir treten in die Pedale. Beide Räder drehen durch. Wir geben etwas weniger Stoff. Sofort kommt das erste Hindernis, erstaunlicher Weise fliegt das Buggy jetzt schon über das halbe Hindernis. Der Rest davon geht auch zügig. Dann kommt die erste kleine Steigung. Noch haben wir viel Energie. Die folgenden kleinen Hindernisse überfliegen wir ohne sie zu merken. Dann geht es bergab gefolgt von einem schweren Hindernis, über welches man meistens mit viel Schwung springt. Das Problem ist, danach folgt direkt eine scharfe 90° Kurve über die man leicht hinaus springen kann. In den letzten Jahren war dies der Buggykiller Nummer eins. Etliche Felgen gaben hier in den letzten Jahren ihren Geist auf. Auch weil Steffi hinter mir ruft „Breeems!". Also fahre ich das Hindernis mit mehr Respekt an. Als ich es hinter mir habe, bemerke ich, dass sie es dieses Jahr deutlich entschärft haben.

Nun kommt ein wagrechter gerader Teil mit einigen Schotterstrecken. Am Ende dieses Teils kommt dann wieder eine 90° Kurve bei der das Hindernis direkt danach kommt. Das bedeutet, dass ich die Kurve so weit wie möglich außen ansteuere, damit ich gerade aufs Hindernis komme und die gesamte Traktion der Antriebsachse nutzten kann um nicht seitwärts am Hindernis herunter zu rutschen. Wie geplant kommen wir über die Schotterhügel. Die Strecke geht nun wieder ein wenig bergauf über zwei Hindernisse und nach der Haarnadelkurve bergab über einige Schanzen in den Mondkrater. Wie in den letzten Jahren ist das der kräfteraubendste Teil in der Mitte des Rennens. Ich versuche so viele lockere Steinbrocken zu umfahren wie möglich denn eigentlich ist der Krater aus Beton, nur die vielen losen Steine erschweren das Fahren.

Jetzt geht es wieder mit einigen Kurven über mehr oder weniger schwere Hindernisse, bei denen sich schon meine Beine bemerkbar machen. Scharfe S-Kurve unter der Rakete hindurch auf die letzte steile Steigung zu. Hier werden alle auf Schrittgeschwindigkeit abgebremst. Das bedeutet hier gehen eigentlich die letzten Reserven drauf, wenn man noch welche hat.

Danach geht es nur noch leicht bergab und über letzte kleine Schotterberge zurück zum Shuttle. Hier warten noch einige spezielle Hindernisse auf uns die es in sich haben. Ein etwa vier Meter langer Sandhaufen und versetzte Hügel auf die unser Buggy mit dem Drehgelenk in der Mitte optimal vorbereitet ist. Trotzdem verlieren wir hier wie alle anderen Teams viel Zeit, weil die Hügel eine sehr weiche Oberfläche haben und damit viel Widerstand bieten. Die letzten Meter werden dadurch zur reinen Qual. Ich erinnere ich noch, dass ich die Luftdruck-Hupe betätigen will und komme so zusammen mit Steffi hupend vollkommen erschöpft im Ziel an. Alles hat gehalten und ist auch immer noch stabil.

Meinem Gefühl nach war es ein gutes Rennen. Ich schätze dass wir etwa vier Minuten gebraucht haben und somit im vorderen Feld landen können. Ich habe alles gegeben und kann mich nicht einmal mehr aufrecht in meinem Sitz halten, schon ist die Nasa Reporterin da und stellt mir einige Fragen. Ich versuche sie zu beantworten doch bekomme kein klares Wort zustande, sie wechseln zu Steffi und stellen ihr die Fragen sie hat noch etwas mehr Kraft und kann sie zumindest in kurzen Zügen beantworten.

Das einzige was ich will ist Liegen. Ich schnalle mich einfach ab, schleppe mich mit letzter Kraft und schlotternden Knien auf die noch taufrische Wiese. Dass ich dadurch nass werde interessiert mich jetzt nicht. Ich merke wie jemand kreischend auf mich springt. Es ist Steffi die mir begeistert berichtet, dass wir drei Sekunden schneller waren als das Team vom Huntsville Center for Technologie die letztes Jahr die beste Zeit hatten. Sofort kommt in mir die Frage auf wie lange sie für das Zusammenklappen gebraucht haben. Nach einiger zeit bekommen wir dann die Bestätigung. Wir sind mit 3:31 min den diesjährigen Streckenrekord gefahren und haben für das Auseinanderklappen ebenfalls 3 Sekunden weniger gebraucht.



Ich kann es nicht fassen. Wir sind die ersten!!! Und, dass obwohl meisten der Besten Teams vor uns gestartet sind. Ich bin Stolz auf unsere Leistung. Aber irgendwie wusste ich im innersten, dass das Buggy mit Steffi und mir als Einheit ausgereift genug ist, um hier ein Wunder zu vollbringen und die kontinuierliche Arbeit der letzten Jahre bestätigen kann. Das ganze Team versammelt sich um uns, die wir immer noch ausgelassen und am Ende der Kräfte auf der Wiese liegen. Wir können es alle kaum glauben. Der Streckenrekord liegt bei etwa 3:15 min. Doch wie sich später zeigen wird, wird dieser heute nicht annähernd erreicht.

Nachdem wir wieder etwas zu Kräften gekommen sind, geht es zurück zu unserem Platz. Anscheinend hat sich die Nachricht wie ein Lauffeuer verbreitet. Denn von nun an wird uns von allen Seiten gratuliert. Viele kommen extra vorbei um uns zu gratulieren und auch wenn wir uns auf dem Gelände bewegen, kommen uns strahlende Gesichter entgegen, die teilweise sogar deutsche Wurzeln haben und uns somit auch in unserer Muttersprache beglückwünschen. Es ist einfach unglaublich wie nett und offen alle Leute sind.

Den Rest des langen Tages verbringen wir auf dem Gelände. Mal schauen wir den anderen Buggies zu, dann testen wir die Fahrgeschäfte oder gehen glücklich durch das Museum. Immer wieder machen wir einen kleinen Abstecher zu den Zeittafeln auf denen wir immer noch führen. Doch dann gegen Ende des Rennens kommt die Hiobsbootschaft. Ein Team hat eine bessere Rennzeit als wir und zwar um 3 Sekunden. Schnell stellt sich wieder die Frage wie lange haben sie gebraucht, um ihr Buggy fahrtüchtig zu machen. Mit etwas Verzögerung kommt die Entwarnung sie haben 10 Sekunden länger dafür gebraucht. Somit behalten wir Platz eins bis zum Ende des Tages und sind überglücklich.

Zum Abschluss laden wir noch die internationalen Teams zu einem kleinen Meeting ein, um diese internationale Gemeinde durch koordinierte Zusammenarbeit weiter zu Vergrößern und somit auch das Moonbuggy Race in der ganzen Welt bekannt machen.

Fotos: http://www.flickr.com/photos/spaceeducation/collections/72157620442564423/
Videos: http://www.youtube.com/profile?user=SpaceEducation#g/c/D43CCA12213F30AC

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